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Die Werbung: Eines der grössten massenpsychotischen Phänomene, seit sie im 19. Jahrhundert erfunden wurde. Die Medienbranche meinte, ihre ganze Existenz auf der Werbung als Einnahmequelle abstellen zu müssen. Ganze Heerscharen von jungen Leuten haben sich zu Textern, Werbefotografen oder -grafikerinnen, Kampagnenplaner und PR-Beraterinnen ausbilden lassen. Und bekannte Werber sind nicht nur reich geworden – sie hielten sich bis vor Kurzem auch für Leute mit Ansehen und Einfluss (siehe Rudolf Farner, dem das Bonmot «Gebt mir eine Million, und ich mache aus einem Kartoffelsack einen Bundesrat» zugeschrieben wird).
Bis das Internet uns schonungslos vor Augen führte, dass Werbung nicht funktioniert. Niemand klickt die Banner an. Die zielgerichtete Werbung (das Targeting) läuft ins Leere. Und nicht nur das: Werbung wird oft als so lästig wahrgenommen, dass Internetnutzer sie meiden, wo es nur geht und sie mit allen technischen Mitteln filtern, blockieren und aussieben. Und es gibt sogar Kampagnen, welche werbefreie Städte propagieren. Denn auch Plakate werden immer häufiger als Ärgernis wahrgenommen – was natürlich auch damit zu tun hat, dass Werbeflächen elektronisch werden, leuchten und blinken und viel aufdringlicher als früher um Aufmerksamkeit heischen.
Das hat eine riesige Krise ausgelöst: Den Medien brechen die Einnahmen weg, die Werbung im Internet wird aggressiver und die Abneigung bei den Internetnutzern noch grösser. Und irgendwann mal wird die Krise auch das werbefinanzierte Fernsehen umkrempeln und sich die Erkenntnis nicht mehr aufschieben lassen, dass Werbung keine Daseinsberechtigung mehr hat.
Aber wie weiter? Sind neue, noch problematischere Werbeformen wie das Native Advertising und das Influencer Marketing (siehe Nerdfunk 423) unvermeidlich? Wir sind der Ansicht, dass jetzt die Zeit für einen Neustart gekommen ist – und für ein faires Modell, das so funktioniert, wie es funktionieren sollte. Wie das gehen soll, erklären wir in dieser Sendung.
Die Links zur Episode
Mit der Digitalisierung wird alles schlimmer
- Akzeptanz von klassischer Werbung um Längen vor Digital
- Googles automatische Werbung platziert Anzeigen oft auch auf unerwünschten Sites, z.B. bei Breitbart: So funktioniert Googles Werbegeschäft
- Die Internetwerbung funktioniert schlecht (A Dangerous Question: Does Internet Advertising Work at All?)
- … und besonders schlecht bei der jüngeren Generation: Research Shows Millennials Don’t Respond To Ads
Probleme aus Sicht der Nutzer
- Werbetraacking: Der manipulierte Konsument: Firmen spionieren Kunden aus
- Malware in Werbung: Malvertising
- Und offenbar sind manche Leute der Werbung überdrüssig: Werbefreie Städte – ein Trend erreicht die Schweiz
Der aktuelle Werbemarkt ist schlecht für die Medien
- Online-Werbung: 47 Prozent der Spendings gehen an Google und Facebook
- Google und Facebook dominieren Schweizer Online-Werbung
- Google übt mit einem Werbeblocker in Chrome Kontrolle aus: «Google ist heuchlerisch»
- Offener Kampf zwischen Nutzern mit Werbeblockern und Medienhäusern – inzwischen werden Adblocker blockiert. «Bei 20min.ch wird der Traffic-Verlust grösser sein»
Probleme aus Sicht der Betreiber/Inhaltsanbieter
- Gratiskultur
- Vielversprechende Lösungen setzen sich nicht durch: Flattr ist gescheitert, endgültig
- Es lässt sich mit Werbung nicht viel holen: 3400 Franken in sechs Jahren
- Youtube nur für wenige rentabel: Die grosse Youtube-Illusion
- Und man macht sich extrem abhängig: Ein Stinkefinger für Youtube
Neue Werbeformen sind umstritten
Irre Ideen, wie Werbung abgelöst werden könnte
- Sponsoring
- Crowdfunding, zum Beispiel nach dem Patreon-Prinzip
- Weiterentwicklung des Serive-Public-Gedankens
- Matthias’ Sciencefiction-Idee namens 0-Click
Bitte abhängen! Der Wunsch nach Adblocking erreicht den öffentlichen Raum. (Bild: Free-Photos/pixabay.com, CC0)